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Dürfen Kinder Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen?

Diese Frage lässt sich so pauschal nicht beantworten, da in ihr mindestens zwei verschiedene Dinge mitschwingen, die wir erst einmal von einander trennen müssen:

  • Rechtliche Perspektive: Darf mein Kind ohne meine Zustimmung als Erziehungsberichtigte/r Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen? Haftet es dann alleine für alles was das Kind damit tut und bin ich als Elternteil haftungstechnisch aus dem Schneider?
  • Soziale Perspektive: Ist mein Kind reif genug, Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. zu nutzen? Oder anders herum: Schadet die Nutzung von Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. der Entwicklung meines Kindes?

Schauen wir uns zu nächst das Mindestalter an, welches in den Nutzungsbedingungen einiger Apps angegeben wird:

Prima, nun brauchen wir noch das Alter unseres Kindes, welches wir als Elternteil in der Regel wissen, können dann die beiden Zahlen vergleichen und zweifelsfrei die Frage in ihren beiden Ausprägungen beantworten. Fertig! Oder nicht?

Äh, nein! Die Altersbeschränkungen in Nutzungsbedingungen von nicht-deutschen (bzw. nicht-europäischen Diensten) ist in Deutschland weder eine Antwort auf die Frage aus rechtlicher, noch aus sozialer Perspektive.

Soziale Persektive: Ist die App für mein Kind geeignet?

Leider verknüpfen wir Eltern in Deutschland – jahrelang durch die Altersfreigabe bei Filmen (FSK) ((https://de.wikipedia.org/wiki/Altersfreigabe (besucht am 23.03.2017) )) konditioniert – diese Altersangabe in den Nutzungsbedingungen sofort mit einer Tauglichkeit für unsere Kinder. Mal abgesehen davon, dass eine App kein Film ist und es mittlerweile eine USK ((http://www.usk.de/ (besucht am 23.03.2017) )) gibt, die sich in Deutschland mit der Altersfreigabe von Unterhaltungssoftware beschäftigt, hat die Altersangabe in den Nutzungsbedingungen einer App nichts mit den Alterseinstufungen der USK zu tun.

Das wird schon allein daran deutlich, dass die USK (wie auch die FSK) die 13 Jahre nicht als Grenze zwischen zwei Stufen / Klassen / Bereichen kennt. Die USK bzw. FSK kennt „nur“:

  • ab 0 Jahre
  • ab 6 Jahre
  • ab 12 Jahre
  • ab 16 Jahre
  • ab 18 Jahre

Und wo kommen jetzt die 13 Jahre her?

„Bei den meisten sozialen Netzwerken liegt das Mindestalter bei circa 13 Jahren. Diese Altersgrenze ist unter anderem auf geltende Vorschriften in den USA zurückzuführen, dem Herkunftsland vieler sozialer Netzwerke. Das US-Bundesgesetz Children’s Online Privacy Protection Act (COPPA, deutsch: „Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet“) verbietet nämlich das Speichern persönlicher Daten von Kindern unter 13 Jahren.“  ((http://www.klicksafe.de/service/aktuelles/news/detail/welches-mindestalter-gilt-fuer-whatsapp/ (besucht am 23.03.2017) ))

Dieses Gesetz gilt in Deutschland aber nicht. So hat z.B. das Amtsgericht Bad Hersfeld in einem Urteil grundsätzliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der Nutzung von WhatsApp durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren festgestellt  ((http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:7616531 (besucht am 23.03.2017) )). Womit wir bei der rechtlichen Perpektive auf die Frage „Dürfen Kinder Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen?“ angekommen sind.

Rechtliche Perspektive: Darf mein Kind ohne meine Zustimmung als Erziehungsberichtigte/r Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen?

Nach aktueller Rechtslage in Deutschland (zumindest auf Smartphones via Telefonanbieter) nicht! Warum?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) § 106 sagt: „Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.“  ((https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__106.html (besucht am 23.03.2017) )). Dies bedeutet:

„Juristisch gesehen können Kinder erst ab dem siebten Lebensjahr zum Konsumenten werden. Vorher sind sie geschäftsunfähig. Zwischen 7 und 18 können Gummibärchen, Fahrrad oder CD nur mit Einwilligung der Eltern erworben werden, so weit das jeweilige Objekt der Begierde nicht mit dem eigenen Taschengeld bezahlt wurde oder es sich dabei um ein Geschenk handelt“ ((https://www.anwaltsregister.de/Rechtsratgeber/Welche_Vertraege_duerfen_Kinder_abschliessen_Internetbestellungen_Klingeltonabos_Bankkonto….d325.html (besucht am 23.03.2017) )). „Bei Geldgeschenken von anderen Personen bedarf es zudem der Zustimmung der Eltern“ ((http://www.taschengeldparagraph.com/ (besucht am 23.03.2017) )).

„Darüber hinaus gilt der Taschengeldparagraph auch nur für Barkäufe. Ratenkäufe dürfen Minderjährige trotz Taschengeldparagraph ((https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__110.html (besucht am 23.03.2017) )) nämlich grundsätzlich nicht tätigen. So dürfen Kinder ohne Zustimmung der Eltern auch keine Handyverträge mit monatlicher Grundgebühr abschließen, auch dann nicht wenn sie die Grundgebühr problemlos von ihrem Taschengeld bezahlen könnten. Damit soll verhindert werden, dass Kinder schon in jungen Jahren in die Schuldenfalle tappen. Nachfolge[n]d noch einmal eine Übersicht, was alles nicht unter den Taschengeldparaph fällt:

D.h. ohne Zustimmung der Eltern kein Handyvertrag und damit kein Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. für den Nachwuchs.


Darüber hinaus erlauben Sie mir folgenden Gedankengang:

  1. Nach BGB § 106 – 113 brauchen Kinder von 7 bis einschließlich 17 die Einverständniserklärung der Eltern beim Abschluss von unbefristeten Verträgen (Abos, Ratenkäufe).
  2. Die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen einer App schließt (juristisch gesehen) einen Vertrag zwischen dem Anbieter und dem Nutzer. Da in den meisten Nutzungsbedingungen kein Ablaufdatum steht, müssten diese Verträge als unbefristet gelten und demnach in Deutschland von den Eltern genehmigt werden.
  3. Da Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. in der Regel kostenlos sind, stellt sich die Frage, ob die im Taschengeldparagraphen formulierte Erlaubnis des Kindes, Geschenke auch ohne Zustimmung der Eltern annehmen zu dürfen, juristisch mehr wiegt, als das Verbot der Annahme von unbefristeten Verträgen ohne Zustimmung der Eltern.
  4. Darüber hinaus könnte man mit einem Seitenblick auf das Steuerrecht sagen, dass die „geschenkte“ Dienstleistungen ein geldwerter Vorteil ist und damit ein Geldgeschenk, welches dann wiederum nach BGB durch die Eltern genehmigt werden müsste.

Nun, Punkt 4 ist schon etwas weit hergeholt, aber Punkt 1 und 2 erscheinen mir als juristuischem Laien sehr logisch, wobei Punkt 2 natürlich von der Bewertung in Punkt 3 abhängt. Und je nach dem, was mehr wiegt

  • „keine unbefristeten Verträge, auch wenn sie nichts kosten“ oder
  • „Geschenke außer Geld dürfen Kinder ohne Erlaubnis annehmen“

bedeutet das für die Nutzung von Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. ohne die elterliche Zustimmung entweder schon ab 7 (Geschenk) oder erst ab 18 (Vertrag). Durch das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld ((http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:7616531 (besucht am 23.03.2017) )) (siehe oben) würde ich ja eher auf Letzteres tippen.


Wie dem auch sei, allein über den Handyvertrag, den Sie als Elternteil ihrem Kind (unter Ihrem Namen) kaufen, stecken Sie bzgl. der Haftungsfrage mit drin. Hier kommt es nun darauf an, ob Sie ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt haben oder nicht bzw. ob Sie dies auch beweisen können. Siehe dazu meinen Beitrag „Haften Eltern bei Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. für Ihre Kinder?

Feedback

Als juristischer Laie und besorgter Vater interessieren mich zwei Dinge:

  1. Hab ich die Frage „Dürfen Kinder Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen?“ verständlich beantwortet? Ist irgendwo was unklar geblieben?
  2. Hab ich die Frage juristisch richtig beantwortet?

Über Anmerkungen, Kommentare und Feedback würde ich mich sehr freuen. Einfach unten das Formular benutzen. 🙂

Quellen

10 Gedanken zu „Dürfen Kinder Instagram, Snapchat, WhatsApp & Co. nutzen?

  1. Heidi

    Also vielleicht habe ich auch nur zu ,unaufmerksam‘ gelesen, aber für mich ist die Frage, ob ein z.B. 9jähriger nun von den Eltern Whatsapp erlaubt bekommen darf, nicht geklärt. Juristisch sind dann die Eltern für ,Vergehen‘ haftbar. Aber ist die Zulassung der Nutzung durch die Eltern selbst verboten?

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  2. Iver Jackewitz Beitragsautor

    Hallo Heidi,

    eine sehr gute Frage! Als juristischer Laie würde ich mal wie folgt schlußfolgern. Wenn die sozialen Medien juristisch unter „unbefristete Verträge“ zu fassen sind, dann gilt nach BGB § 106 – 113, dass Kinder von 7 bis einschließlich 17 die Einverständniserklärung der Eltern beim Abschluss von unbefristeten Verträgen (Abos, Ratenkäufe) brauchen. Insofern wäre es keine Straftat der Eltern, wenn sie deren Kindern die Nutzung der Sozialen Medien erlauben.

    Speziell bei WhatsApp sieht das dann aber noch mal anders aus. Die Nutzungs von WhatsApp ist in Deutschland so oder so strafbar (siehe meinen Beitrag: http://www.jackewitz.de/ist-die-nutzung-von-whatsapp-strafbar/, besucht am 04.02.2018). In diesem Fall würden dann ja Eltern ihre Kinder zur Straftat anstiften und dies ist nach § 26 StGB (https://dejure.org/gesetze/StGB/26.html, besucht am 04.02.2018) wiederum strafbar: „Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.“

    Jetzt könnten Eltern sich auf ein „das hab ich gar nicht gewusst“ zurückziehen. Aber zum einen haben Sie ja diesen Beitrag gelesen 🙂 und zum anderen „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ – eine mittlerweile Volksweisheit im deutschen Sprachraum, die laut Wikipedia auf einen Rechtsgrundsatz aus dem römischen Recht basiert (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ignorantia_legis_non_excusat, besucht am 04.02.2018).

    Ciao .. Iver

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  3. Lara

    Ich finde es eine Frechheit dass Kinder mit 10 Jahren auf snapchat sind und bereits ,,sexy videoclips und anzügliche Fotos posten“ ich mein hallo? Gehts noch? Die sollen mal zur Schule gehen und wenn’s geht ma langsam erwachsen werden. Ich empfinde das als ein ein totales armutszeichen und widerwärtig – wo führt das bitte noch hin? Wahrscheinlich dass alle Kinder zunehmend verblöden und zu oberflächlichen Idioten heranwachsen. Top .

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    1. Christin buknakowski

      Ich entnehme ihrer Antwort das sie entweder ein kleines Kind haben oder noch gar keins.
      In einem stimme ich ihnen zu. Eine 10 jährige hat weder bei snapchat noch Instagram noch Facebook was zu suchen.
      Aber und das ist das schwierige an WhatsApp. Die Kinder heute treffen sich nicht mehr einfach auf der Straße nein. Die verabreden sich per WhatsApp.
      Um sein Kind nicht komplett aus dem sozialen leben rauszuholen erlaubt man als Eltern durch aus dieses Medium.
      Ich persönlich halte auch nicht viel von den ganzen Gruppen und Bildern und alles. Aber wir als Eltern müssen den Kindern erstens ein gutes Vorbild sein und zweitens ihnen einen guten Umgang mit den sozialen Medien vermitteln.

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  4. Simone

    Vielen Dank für die Kommentare und Ausführungen. Ich interessiere mich aus aktuellem Anlass dafür, inwieweit mit der neuen Altersfreigabe WhatsApp ab 16 umzugehen ist. Auch wenn einzelne Eltern versuchen nach Alternativen zu suchen, erleben wir, dass ganz viele Eltern einfach gar nicht reagieren und den Kindern munter sagen: „Es kontrolliert eh keiner.“ Verstossen sie dann gegen die Aufsichtspflicht?

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    1. Iver Jackewitz Beitragsautor

      Hallo Simone,

      nach meiner (damaligen) Recherche als juristischer Laie würde ich sagen, dass Eltern, die Ihren Sprößlingen die Tür zur mediale Welt aufschließen (mit Handy, Mobilvertrag und unbegrenztem Guthaben), sehr wohl gegen die Aufsichtspflicht verstoßen bzw. nicht beweisen können, dass sie es nicht getan haben. Siehe dazu meinen Beitrag: http://www.jackewitz.de/haften-eltern-bei-instagram-snapchat-whatsapp-co-fuer-ihre-kinder/

      Ciao .. Iver

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  5. Markus

    Hallo,
    das Problem hier ist, daß es zwar Alternativen gibt, an erster Stelle Threema und mit Abstrichen Signal – aber keiner Bock hat, die Kids zu „zwingen“ zu wechseln – warum? Weil die meisten Eltern halt selbst zu bequem sind, um WA zu verbannen und die Freunde zu Threema einzuladen …

    Gruß,
    Markus (ohne WA, aber mit Threema …)

    Antworten
    1. Iver Jackewitz Beitragsautor

      Moin,

      ja, diese Wahrnehmung kann ich bestätigen. Auf der anderen Seite diskutieren wir in der Familie die Schwierigkeiten mit u.a. WhatsApp und hoffen so, unsere Kinder für diese Dinge zu sensibilisieren.

      Außerdem hatten wir einen kleinen Info Zettel zu (in unserem Fall) Threema fertig gestellt. Bei Rückfragen von Freundinnen und Freunde unserer Kinder haben diese dann einfach das PDF per SMS verschickt. Daraufhin haben nicht wenige sich auch Threema installiert – neben WhatsApp.

      Also, nur Mut, es geht. 🙂

      Ciao .. Iver

      Antworten
    1. Iver Jackewitz Beitragsautor

      Hallo Kathrin,

      als juristischer Laie würde ich sagen nein, aber da müssten Sie mal eine juristische Expertenin bzw. Experten fragen.

      Auf der anderen Seite stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Verbots von Social Media für 16-jährige heuzutage in unserer Gesellschaft. Siehe dazu meinen Beitrag http://www.jackewitz.de/vorsicht-soziale-medien/ und dort ganz unten den Abschnitt zu „verbieten?“. Ein generelles Verbot kann schnell nach hinten losgehen, wenn die „lieben Kleinen“ sich dann ein Gerät vom besten Freund oder der besten Freundin leihen und heimlich digital unterwegs sind.

      Ich bin da je eher für „begleiten“. Wenn man dies erst bei Mit- bis Endpupertierenden beginnt, ist das natürlich sehr schwierig, denn Eltern sind dann ja eh schon total doof und scheintot. Dennoch würde ich die Hoffnung nicht aufgeben und auch allen anderen raten, fangt früh an. Womit? Na, z.B.:

      • beim gemeinschaftlichen Mittag- oder Abendessen über den neusten Datenklauskandal oder die Datenschutzverletzungen von XYZ diskutieren
      • gemeinsam mit dem Nachwuchs die Profileinstellungen einer App / eines Sozialen Mediums zu Datenschutz durchgehen und gemeinsam nach der besten „Schalterstellung“ suchen – vielleicht dabei gemeinsam nachforschen, was das denn nun genau bedeutet, wenn man dies einstellt oder nicht. Sehen dann alle oder nur meine Freund*innen .. ? Geht das dann auch automatisch zur Firma .. ?

      Ciao .. Iver

      Antworten

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